CEO Christian Baumert über den Trend Conversational AI

Berlin, den 10. April 2017, von Lars Urban

Bots, Bots und immer wieder Bots! Es vergeht gefühlt kaum ein Tag mehr, an dem nicht neue Bots das Licht der Welt erblicken. Wir als Digital-Spezialist haben es mittlerweile täglich mit Chatbots und Sprachassistenten wie Amazon Alexa zu tun. Unser CEO Christian Baumert gibt im Interview zu diesem Thema Antworten auf die Fragen ob Chatbots bald zu unserem Alltag gehören, was einen „guten“ Chatbot ausmacht und warum die Content-Optimierung einen wichtigen Stellwert in der Conversational AI-Entwicklung hat.

Chatbots waren 2016 DAS Thema der Digitalisierungsbranche schlechthin. Und auch 2017 kommt man an Bots nicht vorbei. Gehört also die Chatbot-Nutzung bald schon zu unserem Alltag dazu?

Seit einigen Jahren befinden wir uns inmitten eines Paradigmenwechsels, welcher die Nutzer immer mehr weg von Apps zu allumfassenden Plattformen und Services führen wird. War es vor ein paar Jahren noch das Ziel der Unternehmen, all ihre Produkte und Marken als Native App zur Verfügung zu stellen, belegen sinkende Download- und Userzahlen diesen Wandel immer mehr und intelligente Dialogsysteme werden sich nach und nach durchsetzen. Konnektivität ist hier das Schlagwort! So kommunizieren und informieren sich immer mehr Menschen über Netzwerke wie Social Media-Kanäle und Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Facebook Messenger. Und genau hier findet diese Kommunikation nicht mehr nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Menschen und Technik (Conversational AI) statt. Bots stellen neue Benutzerschnittstellen dar und tragen administrative Prozesse von Unternehmen nach außen. Sprechen wir aktuell noch von Mobile Only, gehe ich davon aus, dass wir wohl in vielen Bereichen bald nach dem Motto AI First agieren werden. Intelligente Assistenten werden unseren Alltag zukünftig durch smarte Schnittstellen vereinfachen - sei es die Essensbestellung, die Waschmaschinen bedienen oder gar der Wochenendeinkauf. Das bisher gängige haptische Interface wird durch Sprachinteraktion abgelöst.

Conversational AI wird uns also unseren Alltag in naher Zukunft vereinfachen. Was macht denn dabei einen „guten“ Chatbot aus?

Chatbots sind nur dann der richtige Weg, wenn man Prozesse wirklich vereinfachen kann. Wenn ich per Sprache etwas steuern und ich dadurch den bisherigen Prozess für den Anwender erleichtern kann, biete ich diesem einen Mehrwert bspw. gegenüber Mitbewerbern. So kann es sinnvoll sein, Daten nacheinander über einen Kommunikationskanal Voice Interface abzufragen statt ein klassisches Formular ausfüllen zu lassen. Der Mehrwert liegt hier klar im Fokus. Im Idealfall kombiniert ein Assistent beide Ansätze und schafft so ein smartes Service- und Content-Erlebnis. Zurzeit wird in diesem Bereich sehr viel experimentiert und für unterschiedliche Use Cases eine Bot-Lösung überlegt. Hier ist es wichtig, vorher die genauen User-Flows zu analysieren, denn wenn ich das Bedürfnis der Nutzer durch einen einfachen Button lösen kann, ist ein Chatbot ganz klar nicht die beste Lösung. Zudem muss man sich im Klaren sein, dass Bots nicht von Anfang an die 100%ige Allzweckwaffe darstellen. Auch diese Systeme müssen erst mit jeder Interaktion dazulernen und können dadurch nach und nach natürliche Gespräche simulieren. Sie unterliegen demnach einem intensiven Lernprozess von der Erkennung, von dem was wir sagen, bis hin zur Analyse wie wir etwas meinen. Sie wissen was wir brauchen, optimaler Weise sogar bevor wir es selbst wissen. Dass Wichtigste ist jedoch, dass der Nutzer genau das erhält wonach er sucht! Denn je präziser Assistenten werden, desto präzisere Antworten liefern sie ihren Nutzern und bieten so einen umfassenden Mehrwert. Wenn dies aber länger als 10 Sekunden dauert, ist der Nutzer irgendwann weg. Im Vordergrund stehen also Nutzen, Sinnhaftigkeit und Effektivität des Bots.

Bots müssen Mehrwerte schaffen! Welche Rolle spielt das Thema Content bei der Entwicklung von Chatbots?

Content, sei es in Form von Kommunikation zwischen Nutzer und Bot oder als klassischer redaktioneller Content ist die Basis für ein erfolgreiches Conversational AI-Produkt. Content lässt sich also in zweierlei Hinsicht betrachten. Habe ich bereits bestehende Kommunikation mit Menschen, stehen in der Regel Inhalte, die ich als Basisgrundlage nutzen kann, um einen Chatbot zu trainieren, zur Verfügung. Hat man bspw. für die Kundenkommunikation der letzten Monate Daten hinterlegt, kann ich diese Kommunikationsdaten bereits in einen Chatbot einpflegen. Das ist wichtig, damit ich diesem u.a. beibringen kann, was funktioniert und was er auf Standardfragen antworten soll. Wenn der Bot bei Null startet, ist es hingegen sehr schwierig, einen guten Service zu lancieren. Spricht man hingegen über Content in Form von redaktionellen Inhalten wird das Ganze schon komplexer. Chatbots im Facebook Messenger können hier als Impulsgeber agieren und dem Nutzer spezifischen Content ausspielen. Im Bereich der Sprachassistenten müssen zielgerichtete Use Cases entwickelt werden, denn wer möchte sich schon einen ganzen Artikel vorlesen lassen - zumal sich hier die Content-Gestaltung immer mehr in Richtung Video entwickelt. Somit geht es hier insbesondere darum, dem Nutzer Wege aufzuzeigen, den richtigen Content zu finden. Dieser kann dann über die Sprache spezifische Inhalte auswählen. Hier kommt es darauf an, die Nutzergewohnheiten zu beobachten, zu analysieren und den Service entsprechend zu optimieren.

Conversational AI soll zukünftig unseren kompletten Alltag erleichtern. In diesem Zusammenhang wird oft das Thema Datenschutz diskutiert. Sind Chatbots und Datenschutz eine schwierige Kombination?

Wenn man solche Systeme nutzt, ist Datenschutz immer ein Thema. Denn im Zentrum steht hier der Austausch von personenbezogenen Daten, wie der Name des Nutzers, Kunden- oder auch standortbezogene Daten. Wenn ich über Facebook kommuniziere, dann liegt mein Chat eh schon bei Facebook. Alles was ich darüber kommuniziere, liegt bei Facebook. Das heißt, die Datenschutzproblematik liegt nicht am Bot an sich, denn dieser stellt lediglich einen weiteren Kanal dar. Dass Kommunikation jetzt schon gespeichert wird, merkt man daran, dass wenn man etwa einen Kundensupport anruft, gefragt wird, ob das Gespräch aufgezeichnet werden darf. Und dass irgendwelche Unterhaltungen aufgezeichnet werden für Auswertungen oder Performanceverbesserungen u. ä. ist klar. Bei Chatbots schickt man diese Anfragen durch einen Computer, der mir dabei hilft, evtl. passend die Antwort zu liefern. Dieser Service muss dann natürlich mit Daten „gefüttert“ werden, damit diesem antrainiert werden kann, was funktioniert und was nicht. Wichtig ist dann - soweit das möglich ist - eigene Systeme dafür einzusetzen und es an den Stellen zu umgehen, Services von bspw. Google oder Facebook einzusetzen. Wenn ich auf einer Plattform bin, liegt die Kommunikation bei dieser. Habe ich meine eigene Plattform, dann ist es auch da technisch möglich, Lösungen zu nutzen, um die gekapselt zu halten und nicht über eine der großen Plattformen führen zu müssen. Alles was bspw. über das Alexa-Gerät läuft, läuft über Amazon. Das wird sich nicht verhindern lassen. Der Nutzer, der ein Amazon-Echo oder Facebook-Service nutzt, der muss sich mit dem Thema Datenschutz schon auseinandergesetzt haben. Wie auch bei anderen Themen gilt natürlich immer sensibel mit seinen Daten bzw. den Daten der Nutzer um zugehen. Ob und wann bspw. Facebook bei Bots auch eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung (wie aktuell bei WhatsApp) für „sichere“ Kommunikation anbietet, bleibt abzuwarten.

Was werden Chatbots deiner Meinung nach in Zukunft leisten können?

Da ist die Frage, spricht man ggf. über die Systeme einzelner, kleinerer Unternehmen oder spricht man über die Systeme großer Unternehmen, wie Google, Amazon oder vielleicht auch Microsoft. Denn umso mehr Informationen ich natürlich über einen Nutzer habe, umso optimierter kann der Bot auch (re-) agieren. So hat sich Google bspw. das Ziel gesetzt, für jeden Nutzer einen maßgeschneiderten Assistenten anzubieten. Dafür muss natürlich auch Zugriff auf die benötigten Informationen bestehen, um hier einen entsprechend nachhaltigen Service zur Verfügung zu stellen. Für Unternehmen bedeutet dies: Wenn ich meinen Nutzer kenne, kann ich ihm auch maßgeschneiderte Angebote bieten. Dabei werden die großen Technikriesen, die die meisten Daten haben, ganz klar die Assistenten anbieten können, die unseren Alltag dominieren werden. Unternehmensspezifische Assistenten hingegen können insbesondere spezielle Prozesse wie bspw. den Kundensupport, wo sie zwischen verschiedenen Anfragen unterscheiden oder eben bestimmte Aufgaben sehr gut erfüllen können, nachhaltig abbilden.